Es war lange Zeit still um das wissenschaftliche Fachblatt für Datenreisende. Die letzte Ausgabe erschien im November 2014, seitdem war Funkstille.
Von verschiedensten Seiten wurde nachgefragt, wann denn die nächste Datenschleuder herauskäme. Es gab viele verschiedene Ideen und Diskussionen, wie die Zukunft der Datenschleuder aussehen könnte. Einigkeit herrschte eigentlich bei fast allen Teilnehmern dieser Diskussionen: Es soll weiterhin eine Datenschleuder geben. Sie ist ein wichtiges Organ des Clubs, das nicht nur Tradition hat, sondern auch ein Publikum außerhalb unserer eigenen Kreise erreicht.
Aber in welcher Form? Analog auf Papier oder doch lieber digital? Wer ist die Zielgruppe, die wir erreichen wollen? Wer kümmert sich darum, nimmt das sprichwörtliche Heft in die Hand und belebt die Redaktion wieder?
Bis zum EasterHegg 2017 bei Frankfurt am Main tat sich wenig, als sich der Workshop „Reanimate Datenschleuder“ im Fahrplan fand. Trotz der kurzfristigen Ankündigung kamen genügend Interessierte zusammen, um eine Wiederbelebung mit Aussicht auf Erfolg zu starten. Auf diesem Treffen wurde entschieden, dass es wieder eine Datenschleuder in gewohnter Form auf Papier geben soll, was den Vorteil hat, dass sie ohne große (elektronische) Vorkehrungen archiviert und wieder herausgeholt werden kann. Sie kann jemandem in die Hand gedrückt werden und um eine Meinung gebeten werden, ohne dass diese Person ein Gerät dafür braucht. Und es kann niemand auf die Idee kommen, ein Rechte-Management darum zu binden.
Die Redaktion wurde neu gebildet und vergrößert, Wissen von verschiedenen Stellen und Personen zusammengetragen, um den ganzen Prozess der Erstellung einer Datenschleuder wiederzubeleben, alte Mailinglisten aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt, Artikel aus angegilbten Wikis extrahiert und eine neue Infrastruktur aufgebaut. Ein Prozess mit vielen kleinen Details, der immer länger dauert als man denkt, aber am Ende doch zum Erfolg führte.
Ein besonders großer Schritt war die Umstellung des Designs der Datenschleuder, weg von InDesign hin zu L A TEX. Dies hilft nicht nur, die Datenschleuder von mehreren Leuten parallel bearbeiten zu lassen, auch das Wissen, wie man das Layout erstellt, wird erklärbar und mehrere Leute können Artikel oder Fotos einbinden, prüfen und modifizieren.
Die 98. Ausgabe der Datenschleuder fasst Artikel aus den Jahren von 2014 bis 2018 zusammen, die trotz ihres teilweise hohen Alters noch von Relevanz sind. Aber auch aktuelle Themen werden behandelt.
Ein nahezu zeitloses Thema sind mögliche Versicherungsmodelle mit Zuhilfename persönlicher Daten des Versicherten, die in einem fiktiven Prospekt aus dem Jahre 2023 ausgemalt werden (Seite 8). Thematisch nicht weit davon entfernt haben wir zwei Artikel zum Dauerbrenner elektronische Gesundheitskarte, die noch immer nicht im vollen Umfang umgesetzt ist. Daher haben beide Artikel (Seiten 27, 28) zu diesem Thema immer noch aktuellen Bezug, auch wenn ersterer fast vier Jahre alt ist.
Geheimdienste sind auch ein Thema, das nicht an Aktualität verliert. In diesem Heft haben wir einen Artikel, der sich mit den Auswirkungen von Geheimdiensten auf unsere Gesellschaft beschäftigen, im Speziellen auf Journalisten (Seite 10).
Ein Projekt, welches in der Bildung immer mehr Beachtung findet, ist das inzwischen über zehn Jahre alte Projekt „Chaos macht Schule”, das in dieser Ausgabe die aktuelle Bildungspolitik analysiert und auf Grundlage der eigenen Kompetenz und Erfahrung wichtige Forderungen aufstellt (Seite 16).
Außerdem gibt es einen Bericht von der Privacy Week 2017 in Wien (Seite 14) und einen weiteren Beitrag in einer Debatte um das Urheberrecht, ausgelöst von 51 Tatortautoren, die 2012 einen offenen Brief schrieben [1] und darin wütend über die „Umsonstkultur“ und die „Netzgemeinde“ herzogen. Selbstredend gab es postwendend eine Antwort von 51 unserer Mitglieder [2] und in dieser Datenschleuder nun eine Antwort eines Einsenders auf unsere Antwort, die die Diskussion eine Runde weiter dreht (Seite 35).
Das aktuelle Redaktionsteam strebt an, fortan jedes Jahr zwei Datenschleudern zu veröffentlichen. Damit das funktioniert, sind alle Mitglieder des Clubs, aber auch alle anderen Leser, gefragt. Denn ohne Eure Artikel gibt es keine nächste Ausgabe. Wie wäre es, den nächsten, wohlrecherchierten „Long Read“ statt auf dem eigenen Blog in der Datenschleuder zu veröffentlichen? Oder eine schöne Bastelanleitung für den nächsten Hack?
Erinnert sich noch jemand an die Datenschleuder 87, die nicht nur aussah wie ein Personalausweis, sondern auch diesen als Thema hatte? [3] Gerne sollen auch wieder Themen-Hefte erscheinen, die in einer Ausgabe einen Themenkomplex ausführlich und tief von allen Seiten beleuchten.
Danke allen, die diesen Neustart möglich gemacht haben − den Teilnehmern des Treffens auf dem Easterhegg 2017, den Ideen-Gebern, den Mitdiskutierern, den technischen Umsetzern, den In-Den-Arsch-Tretern, den Autoren der Artikel und den Redakteuren.
Feedback hören und lesen wir gerne! Was fehlt Euch? Was wünscht Ihr Euch für die Zukunft der Datenschleuder? Schreibt uns an unsere Redaktionsadresse: ds@ccc.de.